Villinger Arbeitsrechtler Markus Heimburger sagt, welche Fragen ihn in Coronazeiten am häufigsten erreichen – und beantwortet sie

VS-Villingen, Südkurier-(maj) Markus Heimburger ist als Fachanwalt für Arbeitsrecht in Villingen-Schwenningen auf den Bereich Arbeitsrecht spezialisiert. Seit der Coronakrise erreichen ihn vermehrt Anfragen zum Thema Kurzarbeit. Dem SÜDKURIER hat er berichtet, was sowohl Arbeitgeber, als auch Arbeitnehmer besonders oft wissen wollen.

Dürfen Mitarbeiter während der Kurzarbeit gekündigt werden? „Ja, das ist möglich. Die Kurzarbeit schützt nicht vor einer Kündigung. Allerdings muss die Kurzarbeit dann beendet werden. Während der Kündigungsfrist arbeitet der Arbeitnehmer vertragsgemäß oder wird bei voller Bezahlung freigestellt“, sagt Heimburger. Das Kündigungsschutzgesetz gelte nach wie vor. 

Haben Arbeitnehmer ein Recht auf Aufstockung des Kurzarbeitergeldes? „Ein gesetzlicher Anspruch auf Aufstockung besteht nicht“, erläutert der Arbeitsrechtler. Allerdings gebe es Tarifverträge, in denen eine Aufstockung festgeschrieben ist. Manche Arbeitnehmer haben eine Aufstockung einzelvertraglich oder per Betriebsvereinbarung zugesichert bekommen. „Einige Arbeitgeber, die mit dieser Frage auf mich zugekommen sind, haben den Arbeitnehmern eine zeitlich befristete Aufstockung zugesichert“, sagt Heimburger. Wie hoch diese ist, ist individuell unterschiedlich.

Gibt es Kurzarbeitergeld für geringfügig Beschäftige? „Es gilt die Regel, dass nur Diejenigen Kurzarbeitergeld beziehen können, die in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt haben. Das ist bei den klassisch, geringfügig Beschäftigten nicht der Fall. Daher ist für diese Gruppe Kurzarbeit nicht möglich“, erläutert Heimburger. Vor allem Arbeitgeber aus dem Hotel- und Gastronomie-Bereich in Villingen-Schwenningen und aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis seien auf ihn mit dieser Fragestellung zugekommen. „Diesen Arbeitgebern blieben nur zwei Optionen: Entweder die Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder die Weiterbezahlung“, ergänzt der Anwalt.

Müssen Arbeitnehmer Überstunden abbauen, bevor Kurzarbeitergeld bezogen werden kann? „Wenn es sich um ein sog. freies Arbeitszeitkonto handelt, muss dieses erst auf Null zurückgeführt werden, bis die Arbeitsagentur Kurzarbeitergeld bewilligt“, sagt der Arbeitsrechtler. Es gebe aber auch sog. geschützte Arbeitszeitkonten, die nicht auf Null zurückgefahren werden müssen, bevor Kurzarbeitergeld bezogen werden kann. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Arbeitnehmer ein Stundenkonto aufbauen, um gezielt vorzeitig vor Bezug der ungekürzten Altersrente ihre Beschäftigung zu beenden oder beispielsweise ein Arbeitszeitguthaben für ein Urlaubsjahr – ein Sabbatical – aufzubauen.

 

Darf der Arbeitgeber einseitig ohne Zustimmung des Arbeitnehmers Kurzarbeit anordnen? „Nein. Der Arbeitnehmer muss dieser prinzipiell zustimmen. Das kann über Einzelzustimmungen erfolgen. In Unternehmen mit einem Betriebsrat wird dies über eine Betriebsvereinbarung geregelt“, erläutert Heimburger. Von der Kurzarbeit sind insbesondere der Bereich der Metall- und Elektroindustrie, sowie das Hotel- und Gaststättengewerbe betroffen.

„Weil die Kurzarbeit ein Instrument ist, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, riskiert ein Arbeitnehmer im Falle der Nichtzustimmung zur Kurzarbeit eine betriebsbedingte Kündigung“, ergänzt der Arbeitsrechtler.